Wie Christopher Clark die Deutschen von der Schuld am Ersten Weltkrieg befreit
Von Klaus Gietinger und Winfried Wolf
Stuttgart 2017, Schmetterling-Verlag, 345 Seiten, 19,80 €
Druckfrisch, eben erschienen (3. April 2017), die Antwort auf Clarks Buch „Die Schlafwandler“.
Bei Ihrem Buchhändler.
Der Erste Weltkrieg — verursacht von «Schlafwandlern»? Gab es Ähnliches
nicht schon einmal? Richtig! Bis Anfang der 1960er Jahre
war die These vom «Hineinschlittern» vorherrschend. Insbesondere
die selbsternannten Eliten in Berlin und Wien hatten sich
damit von jeglicher Verantwortung für den Großen Krieg freigesprochen.
Anfang der 1960er Jahre gab es dann die entscheidende
Wende. Der Historiker Fritz Fischer belegte, dass «die deutsche
Reichsführung einen erheblichen Teil der historischen Verantwortung
für den Ausbruch des allgemeinen Krieges» trug. Dies blieb
dann — zu Recht — ein halbes Jahrhundert lang die Mehrheitsauffassung
in der Geschichtswissenschaft.
Bis Christopher Clark die alte These aufwärmte, nunmehr die
1914 in Berlin, Wien, Paris, London und St. Petersburg Verantwortlichen
als «Schlafwandler» bezeichnend. Plötzlich öffneten
sich dem Seelentröster Clark wie von Zauberhand die Talkshows
und es wendete sich die Mehrheitsmeinung der Historikerzunft.
Aber gibt es neue Dokumente? Eine neue Interpretation bestehender?
Klaus Gietinger und Winfried Wolf belegen, dass dies
nicht der Fall ist. Neu jedoch sind die Zeiten: Kriege werden wieder
als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln präsentiert.
Neue Feindbilder werden gesucht. Es ist kein Zufall, wenn der
Seelentröster nicht nur die Deutschen von der Schuld am Ersten Weltkrieg
erlöst, sondern zugleich «die Serben» — Achtung: eng mit
Russland verbunden! — als Hauptverantwortliche für den Großen
Krieg stigmatisiert.